Nach ein paar tollen Tagen mit Sonne und Mückenstichen (habe ich schon mal erwähnt, dass ich heiße Tage liebe und dieses graue Wetter mich wahnsinnig und jeden Tag schlechter gelaunt macht?) ist die Luft wieder so feucht, dass ich beim Fahrradfahren denke, es würde regnen, obwohl die Straße trocken ist. Von unten zieht es ins Hosenbein, von oben in den Pulloverkragen. Ekelhaft. Nur arbeiten und hoffen, dass es bald wieder warm wird, das bleibt.
Sentimental (und weil dieses Jahr nichtmal ein klitzekleiner Schwedenurlaub in den Jahresplan passt) wühlte ich in den Bildern von der Lapplandreise letzten Sommer. Ich konnte mich gar nicht mehr daran erinnern, damals Tagebuch geschrieben zu haben, aber offenbar gab es eines. Und das begann mit einem Empfinden, das dem jetzigen, heutigen nicht unähnlich scheint:
Ich sehe aus dem Flugzeugfenster in der letzten Reihe links, wie der Nebel von einer Kante des Flügels nach außen abgelenkt wird. Ein dünner Faden weiß zieht nach hinten links davon, fast sind die fliegenden Wasserpartikel sichtbar. Bei der Landung dichtes grau und Nieselregen. Mit hoch gezogenen Schultern, durch die feuchte Luft huschend, die Passagiere des Flugzeuges. Eine Ankunftshalle, Gepäckband, Toilettenschlange, Autoverleih in einem. Hundert Kronen für den Flughafenbus. Ich fahre bis „Folkets Hus“, nicht „Busstation“, und merke dann, dass die beiden Gebäude nebeneinander liegen. Immer noch Niesel, immer noch hoch gezogene Schultern.
Zwei Parallelstraßen runter, durch eine engere Gasse, ein paar Treppenstufen, Kiruna vandrarhem. Zimmer 301, 3. Stock ganz hinten rechts. Ein Stockbett, ein schmales Einzelbett. Einzelbett am Fenster oder breiteres Stockbett mit weniger durchgelegenen Matratzen? Keine Zimmergenossen.
Abladen, wieder los. Garnicht erst auspacken. Folkets hus, der Weg zum zweiten Mal, völlig bekannt. Sie dachte, ich spräche Englisch mit der Frage nach Sojamilch, die kleine Frau hinter der Theke im Café im ersten Stock, selbst nicht schwedisch, eher asiatisch, aber vielleicht schon lange hier. Sojamilch gibt es.
Cappucinobecher mit in den Reisebus, auf den Weg zur Malmgruva, durch das immernoch graue Feuchte, das so tief hängt, dass der Berg nur bis zur zweiten Terrasse sichtbar ist. Dunkle Tunnel im Berg, Bus ohne Innenlicht. Aussteigen bei der besöksgruvan, Besucher-Grube. Programm über zwei Stunden, mit Film, Maschinen, draufsteigen dürfen, dem Vorsatz, Tourist zu sein, Fotos machen, dazwischen Kaffee, Tee, Kekse. Keine schwedische Veranstaltung ohne Kekse und Kaffee. Ein Versuch, die ganzen Zahlen wiederholen zu können.
Am Ende das Grubenmuseum, lernen, dass es früher in Kiruna eine Straßenbahn gab.
Im Tagebuch steht, dass es am übernächsten Tag 30 Grad warm wurde und dies bis zum Ende der Reise so blieb.
Heute morgen habe ich ein Visum beantragt. Für ein weiteres Land mit I.
(Bilder: Wand, Baum, Wolle in Kiruna)